GiVE - Blog

image 27626 0

Bildnachweis: PhotoMIX-Company für Pixabay (via Canva pro)

Herausforderungen des Supply Chain Management in dynamischen Märkten

 

Die Automobilindustrie steht vor enormen Herausforderungen, da sich die Märkte und Technologien rasant verändern. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Automobilhersteller und Zulieferer ihr Supply Chain Management anpassen und widerstandsfähiger denn je gestalten.

Die COVID-19-Pandemie, geopolitische Spannungen und der rasche technologische Wandel haben die Schwachstellen in den globalen Lieferketten der Automobilindustrie offengelegt. In diesem Text werden wir uns mit den Herausforderungen befassen, die ein volatiles Marktumfeld für das Supply Chain Management im Automotive-Bereich mit sich bringt, und mögliche Lösungsansätze diskutieren.

 

Ursachen für unsichere Lieferketten im Automotive-Bereich

 

Die Automobilindustrie ist von globalen Lieferketten abhängig, die eine zuverlässige Versorgung mit Teilen und Komponenten gewährleisten. Doch in den letzten Jahren haben verschiedene Faktoren zu einer erhöhten Unsicherheit und Volatilität geführt:

 

Globalisierung: Die Globalisierung hat es Automobilherstellern ermöglicht, ihre Lieferketten weltweit auszudehnen, um Kosten zu senken und den Zugang zu neuen Märkten zu erleichtern. Allerdings führt die größere geografische Reichweite auch zu längeren und komplexeren Lieferketten, die anfälliger für Störungen sind.

 image 28015 1 optimized

Bildnachweis: PhotoMIX-Company für Pixabay (via Canva pro)

 

Solche Störungen können in Form von geopolitischen Spannungen und Handelskonflikten auftreten, die zu Zöllen, Embargos oder logistischen Unterbrechungen führen und so die Effizienz und Kontinuität der Lieferketten beeinträchtigen können. 

 

Die COVID-19-Pandemie hat zudem die Abhängigkeit von einzelnen günstigen Produktionsstandorten und Zulieferern schonungslos offengelegt. So konnten lokale Produktionsstopps weitreichende Folgen haben. Als in China die Fabriken wegen des Lockdowns schließen mussten, fehlten auf einen Schlag 1,7 Millionen Fahrzeugteile auf dem Markt.

 

Technologischer Wandel: Der technologische Wandel in der Automobilindustrie stellt die Supply Chain vor immense Herausforderungen. Die schnelle Entwicklung innovativer Technologien (Multimedia, autonomes Fahren, Fahrerassistenzsysteme, vernetztes Auto) sowie die zunehmende Bedeutung der Elektromobilität transformiert die Art und Weise, wie Autos konstruiert werden, grundlegend. Jeder dieser Fortschritte verlangt nach einer Anpassung der Lieferkette, um Schritt halten zu können.

 

Welche Probleme damit einhergehen können, belegte die weltweite Chipkrise. Als der Fahrzeugabsatz im Zuge der Covid-19-Pandemie einbrach, verlagerten die Halbleiterhersteller ihre Kapazitäten hin zu Chips für Unterhaltungselektronik oder Fitnessgeräten, deren Absatz stieg. Als die Fahrzeugbestellungen dann schneller zunahmen als erwartet, konnten die notwendigen Chips nicht mehr so schnell hergestellt werden.

image 28015 2 optimized

Bildnachweis: PhotoMIX-Company für Pixabay (via Canva pro)

 

Rohstoffabhängigkeit: Insbesondere batteriebetriebene Fahrzeuge benötigen problembehaftete Rohstoffe für Batterien, wie Lithium, Kobalt und seltene Erden. Deren Abbau ist oftmals mit ESG-Problemen behaftet, wie umweltschädlichen Abbaubedingungen und Menschenrechtsverletzungen in einigen Abbauregionen. Darüber hinaus kann die Konzentration solcher Rohstoffe in wenigen Ländern die Versorgungssicherheit gefährden und zu Preisschwankungen führen.

 

Ein gutes Beispiel für die damit verbundenen Probleme bietet beispielsweise eine genauere Analyse des Lithiummarkts: Bereits zwischen 2020 und 2022 wurde das Leichtmetall knapp und der Preis stieg um 400 %. Es herrschte Goldgräberstimmung am Markt und Elon Musk sprach schon vom „neuen Öl“. Neue Player stiegen ein und etablierte Minenbetreiber erhöhten die Fördermengen. Die Nachfrage entwickelte sich dann jedoch schlechter als erwartet und der Preis kollabierte, liegt jedoch immer noch deutlich über dem Niveau von 2020. Bis 2030 erwarten Experten, dass sich die Nachfrage fast verdreifacht, wobei allerdings noch unklar ist, wie diese dann befriedigt werden soll. Südamerika kann kaum zum Wachstum beitragen, da die meisten Salzseen bereits in Produktion sind. Australien wird zwar wachsen, hat aber sein größtes Wachstum bereits erlebt. Afrika ist ein potenzieller Lieferant, aber das dortige Lithium ist minderwertig. Kanada und die USA könnten einen Teil der zukünftigen Nachfrage decken, allerdings nur, wenn die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

 

Doch nicht nur eine mögliche Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage ist bei Lithium problembehaftet: Der dominanteste Player auf dem Markt ist China. Neben Bedenken zum Umweltschutz und zu Menschenrechtsverletzungen besteht auch immer die Gefahr, dass das autokratische Regime aus geopolitischen Gründen seine Marktmacht ausnutzt.

 

Herausforderungen und Engpässe in globalen Lieferketten

 

Die Verwaltung globaler Lieferketten im Automobilsektor birgt zahlreiche Herausforderungen, die zu Engpässen führen können. Hier sind einige Beispiele:

 

Transportverzögerungen: Der Versand von Automobilteilen und Fahrzeugen über große Entfernungen kann zeitaufwändig sein. Diese Verzögerungen können sich noch weiter verlängern, wenn mehrere Transportarten beteiligt sind, wie z. B. Straße, Schiene, Luft- und Seefracht.

Zollverfahren: Der Zoll kann ein bedeutender Engpass sein. Die Abfertigung von Zollformalitäten kann zeitaufwändig sein, insbesondere wenn die Dokumentation nicht in Ordnung ist oder wenn die Vorschriften komplex und unterschiedlich sind.

Transportkapazität: Die Verfügbarkeit von Transportkapazitäten kann variieren und ist oft schwer vorherzusagen. Faktoren wie saisonale Schwankungen, Treibstoffkosten und die Verfügbarkeit von Fahrern oder Schiffen können die Transportkapazität beeinflussen. Diese Schwankungen können zu Engpässen führen, vor allem wenn mehrere Hersteller um dieselben Ressourcen konkurrieren.

Minimierung der Lagerhaltung: Das im Automobilsektor weit verbreitete Just-in-Time-Produktionssystem minimiert Lagerbestände und erfordert eine präzise Koordination zwischen Zulieferern und Herstellern. Während dies die Effizienz steigert, kann bereits eine kleine Störung in der Lieferkette zu Produktionsunterbrechungen führen. Zudem können Engpässe entstehen, wenn die Nachfrage unerwartet steigt.

Sprachbarrieren: In globalen Lieferketten, in denen Teilnehmer aus verschiedenen Ländern und mit verschiedenen Muttersprachen zusammenarbeiten, können Sprachbarrieren zu Missverständnissen und Verzögerungen führen.

Zeitzonenunterschiede: Die Koordination von Aktivitäten über mehrere Zeitzonen hinweg kann schwierig sein und zu Verzögerungen bei der Entscheidungsfindung führen. Dies kann die Reaktionsfähigkeit der Lieferkette beeinträchtigen, insbesondere bei unvorhergesehenen Ereignissen, die eine schnelle Reaktion erfordern.

Kulturelle Missverständnisse: Kulturelle Unterschiede können zu Missverständnissen bei Geschäftsgepflogenheiten, Kommunikationsstilen und sogar bei der Interpretation von Verträgen führen. Dies kann das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmern der Lieferkette beeinträchtigen.

 image 28015 3 optimized

Bildnachweis: PhotoMIX-Company für Pixabay (via Canva pro)

 

Strategien für resilientere Lieferketten

 

Im Wesentlichen existieren zwei Strategien, um den geschilderten Unsicherheiten und Herausforderungen zu begegnen und die Lieferketten resilienter zu gestalten:

 

1. Rückverlagerung der Produktion

 

Eine mögliche Strategie, um die Widerstandsfähigkeit der Lieferketten zu erhöhen, ist die Rückverlagerung der Produktion (Reshoring). Dabei handelt es sich um die Verlagerung der Fertigung zurück in die Nähe des Heimatmarktes und in Regionen mit stabileren politischen und wirtschaftlichen Bedingungen. Dies kann zu kürzeren und agileren Lieferketten führen und das Risiko geopolitischer Spannungen und Naturkatastrophen verringern. Laut einer 2022 durchgeführten ABB-Studie planen 86 % der deutschen und 74 % der europäischen Unternehmen Re- oder Nearshoring-Maßnahmen.

 

Die Automobilindustrie zeigt sich hier allerdings noch zögerlich, denn damit Reshoring effektiv umgesetzt werden kann, müssen Grundvoraussetzungen stimmen. So offenbarte eine Studie von Porsche Consulting, dass für Zulieferer vor allem die Kostenfrage bei einer strategischen Überlegung zum Re- oder Nearshoring relevant ist. Die Vermeidung von Aufschlägen für Kohlenstoffpreise, die von den OEMs weitergegeben werden, könnte hier das Zünglein an der Waage sein. Insgesamt führt die Studie vier Grundvoraussetzungen an, damit Re- oder Nearshoring überhaupt in Betracht gezogen werden kann:

 

  • Zugang zu erneuerbaren Energien und geringe Kohlenstoffemissionen
  • Eine zuverlässige Energie- und Ressourcenversorgung
  • eine effiziente Logistik
  • qualifizierte Mitarbeiter

 

Insbesondere der Fachkräftemangel ist ein Problem, da man das benötigte Fachpersonal „nicht einfach so aus einem Land in ein anderes transferieren oder dort gewinnen kann“, wie Dr. Ralph Wiechers betont. Der Chefökonom des VDMA schließt Reshoring-Maßnahmen allerdings auch nicht kategorisch aus: „Angesichts der fehlenden Fachkräfte und der vergleichsweise hohen Lohnkosten in Europa kann sich zum Beispiel eine Batteriezellfertigung hier nur rechnen, wenn die Fabriken hoch automatisiert sind.“ Ein populärer Vorreiter aus einer anderen Branche ist hier Adidas. Schon seit Dezember 2015 produziert der Sportartikelhersteller wieder Teile seiner Kollektion in einer hochautomatisierten Fabrik in Ansbach.

 

2. Diversifizierung der Lieferketten

 

Um die Abhängigkeit von einzelnen Zulieferern oder Standorten zu verringern, ist die Diversifizierung der Lieferketten ein wichtiger Schritt. Dabei gibt es unterschiedliche Maßnahmen zur Diversifizierung:

 

  • Mehrfachquellenversorgung: Anstatt sich auf einen einzigen Zulieferer zu verlassen, können Automobilhersteller von mehreren Quellen kritische Teile und Komponenten beziehen. Dies verringert das Risiko von Unterbrechungen, wenn ein Zulieferer ausfällt oder Schwierigkeiten hat.
  • Geografische Diversifizierung: Produktion und Beschaffung können auf mehrere Standorte verteilt werden, um das Risiko von geopolitischen Spannungen, Naturkatastrophen oder Lockdowns zu verringern.
  • Lokale Beschaffung: Die Beschaffung von Teilen und Materialien aus lokalen oder regionalen Quellen kann die Transportkosten senken und die Lieferkette verkürzen. Dies kann auch zu einer besseren Kontrolle über Qualität und Lieferzeiten führen.

 

Die Diversifizierung der Lieferkette erfordert eine sorgfältige Planung und Analyse. Unternehmen müssen die Kosten und Vorteile verschiedener Szenarien abwägen und sicherstellen, dass die Qualität und Kompatibilität der Teile aufrechterhalten bleiben. Eine gut diversifizierte Lieferkette kann jedoch zu einer widerstandsfähigeren und agileren Automobilindustrie beitragen.

 

Fazit

 

Die Automobilindustrie steht vor großen Herausforderungen, um ihre Lieferketten an die Anforderungen dynamischer Märkte anzupassen. Durch die Rückverlagerung der Produktion und die Diversifizierung der Beschaffungsquellen können Hersteller widerstandsfähigere und agilere Lieferketten aufbauen. Effektives Supply Chain Management erfordert heute eine sorgfältige Planung und die Fähigkeit, sich schnell an Marktveränderungen anzupassen. Unternehmen, die in widerstandsfähige Lieferketten investieren, werden besser positioniert sein, um Störungen zu bewältigen und in einem volatilen Marktumfeld erfolgreich zu sein.

 

Sie wollen Ihre Lieferketten resilienter aufstellen? Unsere Interim-Manager und Experten stehen Ihnen jederzeit gerne zu diversen Themen zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns per Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. oder per Telefon unter +49 (0)89 1894 6057.

Give Blog

Save
Cookies user preferences
We use cookies to ensure you to get the best experience on our website. If you decline the use of cookies, this website may not function as expected.
Accept all
Decline all
Read more
Functional
Tools used to give you more features when navigating on the website, this can include social sharing.
Google Analytics
Accept
Decline